
Funktionskontrolle smartphonegesteuerter Hörsysteme leicht gemacht

Jan Widmaier untersuchte im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit die Funktion der MPO smartphonegsteuerter Hörsysteme.
© Jan Widmaier
Die Steuerung von Hörsystemen via Smartphone ist mittlerweile aus unserer Branche kaum noch weg zu denken. Doch Hand aufs Herz, wer hat sich schonmal die Zeit genommen, um zu überprüfen was diese Steuerung tatsächlich tut?
Spätestens als Jan Widmaier diese Frage an die Teilnehmer der EUHA-Landestagung Ost richtete, stellten sich sinnbildlich alle Ohren auf. Schließlich zählen Apps zur Steuerung von Hörsystemen erst ab 2020 unter das Medizinproduktegesetz und sind bis dahin von einer Prüfung durch das Deutsche Hörgeräte Institut (DHI) ausgeschlossen. Umso wichtiger also, nicht nur blind zu Vertrauen, sondern die Funktionen von Smartphone-gesteuerten Hörsystemen selbst zu überprüfen. Zum Wohle des Kunden!
Abweichungen bei MPO überprüfen
Im Rahmen seiner Bachelorarbeit von 2018 untersuchte Jan Widmaier den Einfluss von Smartphone-Hörgeräte-Apps auf die Funktion der Schalldruckbegrenzung (MPO) zur Vermeidung von Hörschäden. Diese Funktion kann natürlich nur erfüllt werden, wenn die Begrenzung konstant bleibt, selbst wenn andere Parameter des Hörgerätes verändert werden sollten. Jedoch zeigten sich in den Smartphone-Apps der untersuchten Hörgerätehersteller gewisse Abweichungen in Bezug auf die MPO.
Ein Grund mehr sich das oft von Lenin benutzte russische Sprichwort vor Augen zu führen. "Vertraue, aber prüfe nach!"

Überschreitung der UCL durch die Steuerung via Smartphoneapp. Grafik entnommen aus Funktionsüberprüfung smartphonegesteuerter Hörsysteme von Jan Widmaier, Steffen Kreikemeier, Torsten Saile
Während bei vielen Herstellern die Überprüfung der MPO lediglich leichte Überschreitungen der UCL von 3 dB bis 6 dB durch die Fernsteuerung mittels der App zeigte, gab es auch einzelne Ausreißer, wie in der nebenstehenden Grafik zu sehen ist. In dem hier gezeigten Fall aus dem Jahr 2018, eines bewusst anonymisierten Herstellers, wurde die UCL deutlich überschritten − teilweise um bis zu 13 dB. Der eigentliche Sinn einer Anpassung der MPO, den Schutz des Restgehöres und die Verhinderung unangenehm lauter Pegel, wird hierdurch leider nicht erfüllt.
MPO-Abweichungen via Updates bereinigt
Mit Bekanntwerden der MPO-Überschreitungen via Smartphone-Steuerung schrillten bei den Herstellern die Alarmglocken. Schnell wurden Maßnahmen ergriffen, um mit zahlreichen Updates den Schutz der Hörgeräteträger wieder zu gewährleisten. Wie gut dies umgesetzt wurde, lässt sich im Fachgeschäft selbst nachprüfen.
Das nötige Handwerkszeug dazu, kann im Workshop „Funktionsüberprüfung smartphonegesteuerter Hörsysteme“ auf dem diesjährigen EUHA-Kongress in Nürnberg erlernt, restriktive vertieft werden.
Die Untersuchungen im Rahmen meiner Bachelorarbeit sollen nicht von App-Steuerungen abraten. Vielmehr möchte ich als Hörakustiker auf gewisse Risiken hinweisen und dazu ermutigen, zu überprüfen wie sich neue Funktionen auf die Anpassung auswirken können.
Jan Widmaier
Titelbild: ReSound