Hilfe für Kinder mit Hörverlust in aller Welt

Hilfe für Kinder mit Hörverlust in aller Welt

Die Hear the World Foundation entsendet erstmals Projektpartner zur Fortbildung an die Sommerakademie in Lübeck

Die Schweizer Hear the World Foundation hat erstmals internationalen Projektpartnern aus drei Ländern die Teilnahme an der Sommerakademie der Akademie für Hörakustik (afh) in Lübeck ermöglicht. Die gemeinnützige Unternehmensstiftung von Sonova investiert so in eine audiologische Versorgung, die langfristig nicht auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist. Das Ziel ist, dass Kinder in Ländern mit niedrigen Einkommen dieselbe Qualität an hörmedizinischer Versorgung erhalten wie Kinder in Ländern mit höheren Einkommen. Zudem können die Kursteilnehmerinnen ihr erlerntes Wissen in ihrer Heimat weitergeben– ein wichtiger Schritt bei der Hilfe zur Selbsthilfe.

Elizabeth Wambui beim Anwenden der Tympanometrie
©HTWF

Jedes Jahr im August, zur Sommerakademie der afh, wird die Hansestadt Lübeck zum Mekka von Hörexperten. Diesmal dabei: Eine Hörakustikerin aus Kenia, eine HNO-Ärztin aus der Ukraine und eine Kinderkrankenschwester aus dem Libanon. Die drei Frauen haben ein gemeinsames Ziel: Mit ihrem neu erworbenen Fachwissen wollen sie in ihrer Heimat Kindern helfen, die einen Hörverlust haben und deren Familien der Zugang zu audiologischer und medizinischer Behandlung ebenso verwehrt bleibt wie zu Hörgeräten.

Zur Sommerakademie kamen sie auf Einladung der Hear the World Foundation, für deren Projektpartner sie in ihren Heimatländern arbeiten und damit Kindern mit Hörverlust die Chance auf ein besseres Leben eröffnen. „Die Hörversorgung in Kenia ist sehr schlecht, wir haben kaum Fachkräfte und auch das Bewusstsein für Hörverlust ist wenig ausgeprägt“, berichtet Teilnehmerin Elizabeth Wambui, die an einem Krankenhaus in der kenianischen Stadt Kijabe als Hörakustikerin arbeitet. „Es gibt in Kenia auch kaum Möglichkeiten zur Fortbildung für Pädakustik. Das Fachwissen, das ich an der Sommerakademie vermittelt bekomme, kann ich an Kollegen in Kenia weitergeben und so dazu beitragen, dass die Versorgung sich verbessert.“

Schwerpunkt auf hörmedizinischer Versorgung für Kinder

Die drei Hörexpertinnen haben eine dicht getaktete Woche mit einem intensiven Kursprogramm hinter sich. Im Mittelpunkt standen Theorie und Praxis, um Hörverlust bei Kindern und Kleinkindern zu erkennen und zu messen, um Otoplastik und Abdrucknahme kindgerecht zu gestalten, Hörgeräte anzupassen und die Familien in die Versorgung einzubinden. Die abschliessende Prüfung haben die Teilnehmerinnen mit Bravour bestanden.

„Wir arbeiten mit unseren Projektpartnern nach einem über die Jahre etablierten internationalen Protokoll zur pädiatrischen Versorgung“, sagt Laura Meng, Projektleiterin bei der Hear the World Foundation. „Mit der Fortbildung unserer Partner an der afh wollen wir sicherstellen, dass sie die bestmögliche Ausbildung bekommen. Darüber hinaus erhalten unsere Projektpartner neueste Hörtechnologie und moderne Geräte zur Diagnose von Hörverlust, Hörgeräteanpassung und Validierung“.

Myroslava Pylypiuk, Ivano-Frankivsk (Ukraine), HNOÄrztin und Chirurgin im Hearing Centre

„Ich behandle meist Erwachsene, doch mittlerweile kommen auch viele Kinder mit Hörverlust zu uns. Dabei habe ich gemerkt, dass Pädaudiologie anders, komplizierter ist als die Behandlung erwachsener Patienten. Beim Training an der Akademie für Hörakustik habe ich gelernt, wie ich Kinder richtig testen und hörmedizinisch versorgen kann. Ich freue mich darauf, dieses Wissen mit meinen Kollegen zu teilen, denn Pädaudiologie ist Teamarbeit.“ 

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Elizabeth Wambui, Kijabe (Kenia), Hörakustikerin am Kijabe Hospital

„Die hörmedizinische Versorgung in Kenia ist schlecht und Hörgeräte sind teuer, sodass sich nur sehr wenige Kenianer Hörhilfen leisten können. Weil es nur wenige und sehr teure Ausbildungsmöglichkeiten für Hörmedizin gibt, haben wir kaum Fachkräfte. Die Audiologen, die es gibt, sind im privaten Sektor tätig und damit ist auch die Versorgung für viele Kenianer unerschwinglich. Dabei haben in Kenia viele Menschen einen Hörverlust, aber die meisten wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen können. Deshalb werde ich mein neues Wissen in Kenia an meine Kollegen weitergeben.“

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Gladys Asmar, Beirut (Libanon), KinderKrankenschwester und Audiologieassistentin am IRAP, einer Schule für Kinder mit Hörverlust

„Das Training in Lübeck war für mich eine gute Gelegenheit, mein Wissen zu vertiefen. Ich freue mich darauf, all das Gelernte in meiner täglichen Arbeit anzuwenden, unter anderem die verschiedenen Testverfahren, die man durchführen muss, um eine Diagnose zu machen. Mein neues Wissen ermöglicht mir, Kinder in meiner Heimat Libanon in der gleichen Qualität auf Hörverlust zu testen wie Kinder in Europa – das ist mir sehr wichtig.“  

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Hörverlust ist ein unterschätztes Problem

Weltweit sind rund 466 Millionen Menschen von Hörverlust betroffen, darunter etwa 34 Millionen Kinder (Quelle: WHO, 2018). Rund die Hälfte der Fälle liessen sich durch Prävention vermeiden. 80 Prozent der Menschen mit Hörverlust leben in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen und haben oft keinen Zugang zu audiologischer und medizinischer Versorgung. Es fehlt an geschulten Fachkräften und passendem Material. So trägt in Ländern mit niedrigem Einkommen nur einer von vierzig Menschen mit Hörverlust ein Hörgerät. Die Folgen sind gravierend: Kinder mit einem unversorgten Hörverlust haben in diesen Regionen kaum Zukunftsperspektiven. Denn wer nicht hört, kann nicht sprechen lernen und hat somit nur geringe Chancen auf Schulbildung und eine altersgerechte Entwicklung.

So hilft die Hear the World Foundation

Die Hear the World Foundation hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit Hörverlust die gleichen Chancen zu ermöglichen wie normal hörenden Menschen. Die gemeinnützige Stiftung fördert Projekte, die bedürftigen Menschen und insbesondere Kindern mit Hörverlust besseres Hören ermöglichen – mit finanziellen Mitteln, Hörlösungen sowie Expertise durch den Einsatz von Sonova-Mitarbeitenden. Im Geschäftsjahr 2018/19 hat die Stiftung in den Projektländern insgesamt 275 Fachkräfte ausgebildet. Diese geben ihr Wissen an Kollegen im Land weiter und erzielen so einen grossen Multiplikationsfaktor.