In der Grauzone: Deutsche Hörmobil

In der Grauzone: Deutsche Hörmobil

Ein Hörcenter auf Rädern

Erwartet die Schwerhörigen nun ein neuer Service durch die Deutsche Hörmobil? In Zeiten von Teleaudiologie und Remote Fitting klingt die Idee, Hörtests und Hörgeräte in einer „mobilen Hörklinik“ anzubieten, schon fast etwas gestrig - zumindest für den deutschen Markt. In Dänemark mag das anders aussehen. Denn das Konzept stammt von zwei Unternehmern aus dem Nachbarland.

„Die Telefone sind rund um die Uhr erreichbar“: Die Firma Sinitone aus Roskilde unterhält ein Büro im schleswig-holsteinischen Handewitt bei Flensburg. Von dort aus möchte man den deutschen Markt mit der Idee des im April 2019 gegründeten Unternehmens bedienen. Ohne die dänischen Regulierungen für diese Art der Hörgeräteanpassung zu kennen, kommen beim Erkunden bezüglich des Angebotes auf der deutschen Webseite schnell Fragen auf. Hier mal die ersten beiden:

Das Service-Angebot der Dänen

Hörgeräte im Reisegewerbe?

Wer kennt ihn noch? Den Scherenschleifer. Was haben Vertreter für Staubsauger, Zeitschriftenabos und Versicherungen oder eben jene Messer und Scheren schärfende Dienstleister gemeinsam? Richtig: Es sind klassische Fälle eines Reisegewerbes. Ohne vorherigen Auftrag werden potenzielle Interessenten aufgesucht. Klinkenputzen ist eine weniger sympatische Umschreibung dieser Vertriebsart. Die Gewerbeordnung (§ 56) regelt, dass der Vertrieb von Hörgeräten im Reisegewerbe untersagt ist.

Das Konzept ist natürlich als ein solches Gewerbe nicht einzustufen. Schließlich können Interessenten einen Termin anfragen. Die Initiative geht also vom Interessenten aus. Zudem kann man sich den Termin für einen „Hörtest“ buchen, also für eine Vorleistung, wenn man so will. Jedoch heißt es klar: „[…] wir begleiten Sie durch das gesamte Verfahren und übernehmen Hörtest, Aushändigung des Hörgeräts und Papierarbeit.“ Der Vertrieb steht somit klar im Mittelpunkt des Handelns.

Anpassung als Hausbesuch?

Die Hörakustik ist ein stehendes Gewerbe mit Betriebsstätte und Meisterpräsenz. Selbst das aktive Anbieten und Werben mit Hausbesuchen, zum Beispiel „Auf Wunsch Anpassung zu Hause“, ist in der Vergangenheit immer wieder abgemahnt worden. Voraussetzung ist hier natürlich auch eine vorhandene Betriebsstätte mit allem was dazu gehört.

Die Verträge mit den Krankenkassen regeln hierzu folgendes: Alle erforderlichen Leistungen einer Hörsystemversorgung, zum Beispiel Ton- und Sprachaudiometrie, In-Situ-Messung, Hörfeldskallierung, Ohrabdrucknahme oder Anpassung, sind in einer Betriebsstätte vorzunehmen. Hausbesuche sind nur in begründeten Einzelfällen möglich.

Wer dann noch Lust hat, könnte argumentieren, dass eine solche Regelung bei Privatpatienten nicht greift. Auf der Webseite hingegen wird aktiv auf Krankenkassenleistungen hingewiesen.

Am Ende: Ein durchaus kundenfreundlicher Ansatz: Das muss ich zugeben. Die Antworten auf die ersten Fragen zeigen jedoch, dass sich das Hörakustik-Handwerk glücklicherweise klar von dieser Idee abgrenzen lässt. Der 1. April ist jedenfalls schon rum.


Ihr Autor: Marco Schulz

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