Auf neuen Wegen: Sonova führt OTC Hörgerät SHIFT ein

Auf neuen Wegen: Sonova führt OTC Hörgerät SHIFT ein

Sonova führt OTC Hörgerät in Australien ein

Ob nun OTC (Over the Counter) oder umfassender und jüngeren Sprachgebrauch verwendet DTC (Direct to Consumer): Umschrieben gemeint ist der Verkauf von Hörgeräten direkt an Endkunden. Mit dem Erwerb des australischen Hörgeräteunternehmens Blamey And Saunders im April 2019 erweiterte die Sonova Holding AG seine Omni-Channel-Strategie mit dem Ziel, näher am Endverbraucher zu sein. Ein gelungener Schachzug. Denn Blamey And Saunders sind in Australien unter anderem bekannt für den Online-Handel ihrer eigenen, selbst programmierbaren Markenhörgeräte und einem ausgezeichneten Betreuungs-Service. 

Als erster Hörgeräthersteller bietet Sonova damit Endverbrauchern die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, WIE sie Hörgeräte kaufen möchten. So sollen die neuen Direkthörgeräte SHIFT „die Art und Weise, wie Sie über Hörgeräte denken, verändern.“ und besonders die Kunden erreichen, die sich mit dem Gang zum Hörakustiker schwertun, aus welchen Gründen auch immer: Häufig sind in vielen Ländern und Gegenden dieser Welt schlicht und ergreifend keine Experten oder Fachbetriebe in gut erreichbarer Nähe.

Was kann das neue Direkthörgerät SHIFT? 

Auszug der Präsentation des Investoren & Analysten Tag 2019 am
15. Oktober in Stäfa 

Beim Anblick der wiederaufladbaren SHIFT-Hörgeräte wird einem die Ähnlichkeit mit den aktuellen Hansaton- und Unitron-Lithium-Ionen-Hörsystemen bewusst. Selbst die Ladestation kommt dem Sonova Ladecase gleich. Offensichtlich findet auch der aktuelle SWORD-Chip Verwendung, der die Hörsysteme zu einem Made-For-All macht und ein direktes Audio-Streaming zu iOS und Android ermöglicht. 

Jedoch, und in diesem Punkt unterscheiden sich SHIFT-Direkthörgeräte von klassisch erworbenen Hörgeräten, können diese vom Endverbraucher selbst beim Hersteller bezogen und via App programmiert werden. 

Zahlreiche Lernvideos (Video Tutorials) zeigen dabei Schritt für Schritt, wie sich die Hörgeräte auf den Hörverlust einstellen lassen und mögliche Fehlermeldungen einfach behoben werden können. Im Vordergrund stehen dabei das angenehme Hören und der leichte Umgang mit Hörgeräten. Vom Filterwechsel, übers Aufladen der Hörsysteme, hin zum Umgang mit einem Telefon, bis zur Reinigung und dem Einsetzen der Hörsysteme mit Erfolgskontrolle, wird alles verständlich gezeigt. Überdies hinaus ermöglicht die App jederzeit den Zugang zum flexiblen Tele-Support. 

Die „Eigenleistung“ der Hörgeräteanpassung durch den Verbraucher selbst spiegelt sich vor allem im deutlich günstigeren Preis mit 2.200 Australische Dollar (1.362 EUR, Stand 17.02.2020) pro Hörgeräte-Paar wider. Technologisch gesehen lassen sich die Hörsysteme zwischen einer Einstiegs- und Mittelklasse einordnen lassen. Man könnte zum Fazit kommen: Der Preis ist mehr als okay. 

Liegt also nach eigenen Einschätzungen eine leichte bis mittlere Schwerhörigkeit vor, kann der Kauf erfolgen. Doch zuvor gilt es zunächst einen Fragebogen mit 15 Fragen zur Risikoanalyse und Datensicherung auszufüllen. Sind die Antworten eher unauffällig kann der Kauf mit 30-Tage Rückgaberecht erfolgen. 

SHIFT - Das Konzept. 

Video-Tutorial: Einrichten von SHIFT Hörgeräten

Aus den Erfahrungen von Blamey And Saunders heraus, macht Teleaudiologie nicht jeden Konsumenten glücklich. Nach wie vor bleibt der Wunsch auch eines persönlichen und physischen Ansprechpartners bestehen. 

Das ursprüngliche Konzept von Blamey And Saunders lebte daher ein gemischtes Modell, welches sowohl den Online-Verkauf als auch physische Standorte für den Offline-Verkauf und -Service enthielt. Die Kapazitäten beschränkten sich jedoch auf drei physische Standorte in Australien. Ein Punkt, der mit dem Übergang in Sonova nun weiter ausgebaut werden soll. 

Während Sonova diese neuen Produkte produziert, wird die Blamey Saunders-Infrastruktur Käufer bei laufenden Pflegebedürfnissen vor allem via Teleaudiologie aus der Ferne und mit ihren physischen Service-Standorten unterstützen. 

Ausrichtung auf Verbraucherverhalten 

Auf den ersten Blick ermöglichen die neuen Absatzwege Endverbrauchern eine Entscheidung treffen zu können, ob sie ihre Hörgeräte offline oder online über www.hearingshift.com/products/shift-hearing-aid erwerben möchten. Nicht deutlich wird hingegen, dass beim Online-Erwerb von Hörgeräten Offline-Serviceleistungen mit Mehrkosten verbunden sein können. 

Stellt sich hier doch die Frage, wie viele Menschen bereit dazu sind, ihre Hörgeräte online nach dem Durchschauen von zig Video-Tutorials zu kaufen und den Mehrkostenbeitrag für einen weiteren, optionalen Support zu zahlen? Als Nicht-Techy ohne Do-it-yourself-Ambitionen wird einem dieses Angebot allerdings ohnehin nicht zusagen. 

Schaut man darüber hinaus, schließt sich jedoch immer mehr der Kreis, welcher mit der Einführung von Tele-Audiologie „befürchtet“ wurde. Der Startpunkt ist längst gesetzt, und dass sich Märkte ändern, ist auch bekannt. Analysten und Investoren hingegen freuen sich über diesen Denglischen Omni-Channel-Ansatz.


{AUTOR-BIANCA}