Alle Informationen zu Ursachen, Diagnose und Therapie von Tinnitus
Ohrgeräusche, die durch einen Tinnitus hervorgerufen werden, sind meist extrem störend, können aber häufig therapiert werden. Hier alle Informationen im Überblick:
In Deutschland sind je nach Studie 25-40% der Bevölkerung mindestens einmal im Leben von einem Tinnitus betroffen. Immerhin 10-20% leiden an einem chronischen Tinnitus. Man spricht daher auch von einer Volkskrankheit.
Was ist ein Tinnitus?
Tinnitus aurium leitet sich von dem lateinischen Verb tinnere (klingeln) ab und bedeutet “Klingeln der Ohren”. Die Beschreibung trifft die Symptome gut. Betroffene hören wiederkehrende Ohrgeräusche, die häufig als pfeifen, rauschen, zischen, summen, brummen oder knacken beschrieben werden. Diese Art von Ohrensausen kann konstant oder auch pulsierend, bzw. rhythmisch sein.
Der subjektive Tinnitus kommt am häufigsten vor. Hier hört der Betroffene Geräusche, die nur er wahrnimmt. Beim seltenen objektiven Tinnitus werden durch eine vom Körper selbst erzeugte Oszillation, bzw. Vibration messbare akustische Signale erzeugt.
Diagnose
Ein Tinnitus ist relativ leicht zu erkennen, da die Ohrgeräusche für den Betroffenen deutlich wahrnehmbar sind und - je nach Intensität - äußerst unangenehm sein können. Das Ohrensausen führt zu Stress, Schlafmangel, Kopfschmerzen oder sogar Depressionen, mindert die Lebensqualität erheblich und kann bis hin zur Arbeitsunfähigkeit führen. Stressbedingte Folgeerkrankungen können gerade beim chronischen Tinnitus auftreten. Gleichzeitig kann sich dadurch der Tinnitus verstärken.
Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose und Reaktion auf die Krankheit wichtig. Sobald man mehrere Tage die beschriebenen Geräusche hört, sollte man einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO Arzt) aufsuchen.
Der Arzt kann mit Hilfe detaillierter Fragen den Tinnitus von anderen Krankheitsbildern wie einer auditiven Halluzination abgrenzen. Mittels einer Orthoskopie, also der Untersuchung des Ohrkanals mit starker Vergrößerung und Beleuchtung, versucht er, mögliche Schäden oder Infektionen im Ohr zu erkennen. Häufig wird auch ein Hörtest durchgeführt oder zur Erkennung eines objektiven Tinnitus eine Messung von akustischen Signalen, z.B. durch eine Prüfung der Geräuschabgabe des Innenohres (otoakustische Emissionen).
Welche Ursachen hat ein Tinnitus?
Wichtig für eine spätere Therapie ist die Erkennung der Ursache des Tinnitus. Oft ist dieser nur ein Symptom und wird durch einen anderen Einfluss hervorgerufen. Verschiedenste Faktoren wirken auf den Hörnerv ein. So lösen elektrische Impulse eine Spontanaktivität des Hörnervs aus, welcher auf Schall reagiert und Informationen an das Hirn weiterleitet. Wenn Einflüsse diese Reaktion der Spontanaktivität verändern und damit auch die Informationen, die an das Hirn weitergeleitet werden, kann es zu Fehlinformationen kommen. Eine solche Fehlinformation kann ebenfalls bei der Übermittlung des Schalls über die Haarzellen im Ohr entstehen. Das Gehirn bekommt eine Information übermittelt, die es nichts sinnvoll einordnen kann und dann, z.B. in stetiges Pfeifen übersetzt. Allerdings kann ein Tinnitus auch fortbestehen, wenn der Hörnerv durchtrennt ist. Das bedeutet, dass das Gehirn selbst diese Signale erzeugt, ähnlich wie bei Phantomschmerzen. Eine mögliche Erklärung ist, dass das Gehirn versucht, die Hörstörung auszugleichen und dabei für verstärkte Aktivität in der Hörbahn sorgt. Diese wird dann als Tinnitus wahrgenommen.
Daneben können auch chemische Prozesse (z.B. Medikamente oder Hormone) auf die Informationsverarbeitung im Gehirn Einfluss nehmen und die gleichen Symptome erzeugen.
Eine Infektion oder Entzündung im Ohr, wie z.B. eine Mittelohrentzündung kann einen Tinnitus hervorrufen. Ebenso können Fremdkörper oder Verklumpungen akustische Geräusche induzieren, die dann als entsprechend störend wahrgenommen werden. In diesen Fällen ist eine Therapie oft relativ einfach durch die Problembeseitigung möglich. Auch Medikamente oder andere Wirkstoffe können zu einem Tinnitus führen – dieser Fall ist aber selten.
Eine häufige Ursache ist Stress. Stress verändert den Hormonhaushalt im Körper. So wird z.B. Kortisol ausgeschüttet, welches die Blutgefäße im Innenohr verengen kann. Das kann dann zu einer schlechteren Durchblutung führt.
Ein Hörsturz kann ebenfalls einen Tinnitus erzeugen. Auch ein Hörverlust, bzw. Schwerhörigkeit, die häufig auch auf Veränderungen im Ohr beruhen, z.B. ein Verkleben oder eine Schädigung der Haarsinneszellen können einen Tinnitus hervorrufen.
Wie kann man einen Tinnitus therapieren?
Die Tinnitus-Therapie besteht aus einem sehr breiten Spektrum. Jedoch ist nicht bei allen Therapiemethoden eine Wirksamkeit durch Studien nachgewiesen. Da die Erkrankung sehr stark mit dem Nervensystem zusammenhängt, sind psychologische Effekte, wie z.B. der Glaube an die Wirksamkeit einer Therapie, vorhanden. Hier eine Übersicht über die wichtigsten Therapiemöglichkeiten:
Nicht chronischer Tinnitus
Gerade bei einem Tinnitus, der durch eine akute Erkrankung, oder andere Einflüsse auf das Innenohr ausgelöst wird, ist eine Behandlung durch die Beseitigung dieses Einflusses relativ einfach und meist erfolgreich. Wichtig dabei ist, dass der Erkrankung zügig geheilt wird, so dass diese nicht zu bleibenden Schäden im Ohr führt und damit möglicherweise auch zu einem chronischen Tinnitus.
Früherkennung und schnelle Behandlung sind daher entscheidend.
Medikamente
Oft wird eine Behandlung mit Medikamenten wie Kortison, Vitamin-E-Präparaten oder Lokalanästhetika wie Procain durchgeführt. Es ist allerdings nicht nachgewiesen, dass diese den chronischen, subjektiven Tinnitus tatsächlich heilen. Aus diesem Grund wird diese Methode immer häufig ersetzt oder ergänzt.
Tinnitus-Retraining-Therapie
Das Gehirn soll durch einen Fokus auf alternative Geräusche so trainiert werden, dass der Tinnitus „ignoriert“ oder gemindert wird. Diese Therapie erfolgt oft mit der Unterstützung technischer Hilfsmittel wie Tinnitus-Noiser oder Tinnitus-Masker. Ein Noiser erzeugt beispielsweise ein rauschendes Geräusch, oft an einen Wasserfall oder Wasserhahn erinnert, welches beruhigend wird.
Diese Form von Geräusch wird auch eingesetzt, um schreiende Babys zu beruhigen. Es erinnert diese an Geräusche im Bauch der Mutter.
Ein weiterer Kernbestandteil ist die Beratung, bzw. ein psychologisches Training, das dem Patienten in Unterrichtsform den Umgang mit dem Tinnitus lehrt. Eine Weiterentwicklung ist das vorwiegend in Deutschland verbreitete psychotherapeutische Training mittels einer kognitiven Verhaltenstherapie, die ebenfalls drauf abzielt, den Umgang mit dem Tinnitus zu erlernen und diesen damit zu mildern.
Da der Tinnitus u.a. direkt im Gehirn erzeugt wird, ist diese Form der Behandlung logisch. Die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie konnte belegt werden.
Einsatz von Hörgeräten
Hörgeräte mit Noiser oder Masker-Funktion können als Bestandteil der Retraining-Therapie helfen. Zudem könnten Hörgeräte helfen, durch besseres Hören und Verstehen, Fehlinterpretationen von Signalen im Hirn zu vermeiden, welche dann als störendes Ohrensausen verarbeitet werden. Besseres Hören vermindert auch den Aufwand, den das Gehirn betreiben muss, um die akustischen Signale zu verarbeiten. Dadurch könnte Stress reduziert werden, was ebenfalls nützlich für die Tinnitus-Behandlung ist. Bei Menschen ohne Hörverlust ist die Anwendung vermutlich wenig sinnvoll. Das Feld ist jedoch noch wenig erforscht.
Tipp gegen Tinnitus: die terzo®Gehörtherapie
Systematisches Gehörtraining für besseres Hin- und Weghören
An dieser Stelle setzt die terzo®Gehörtherapie an. Die Kombination aus Hörtraining und dem Tragen von Hörsystemen trainiert gezielt die Hauptproblematik, die bei einer Schwerhörigkeit auftritt: das Sprachverstehen in geräuschvoller Umgebung und somit auch die Hörfilterfunktion. Da ein Großteil der Tinnitus-Patienten auch gleichzeitig Schwerhörigkeiten unterschiedlichen Grades aufweisen, kann die gezielte Verstärkung der Umgebung ebenfalls ein erfolgsversprechender Therapie-Ansatz sein. Hier unterstützt das Training. Die Experten der terzo®Gehörtherapie informieren Sie gern.
Fachgeschäfte in Ihrer NäheEntspannung und Musiktherapie
Entspannungsübungen oder andere Formen der körperlichen und geistigen Entspannung können helfen, mit einem Tinnitus besser umzugehen und so insbesondere die Folgeschäden zu reduzieren. Gleichzeitig korreliert ein Auftreten der Krankheit häufig mit Stress. Es ist deshalb auf jeden Fall empfehlenswert als Tinnitus-Patient auf eine Kontrolle des Stresslevels zu achten.
Die Musiktherapie ist ein neues Verfahren. Sie geht davon aus, dass ein Mangel an Wahrnehmung für bestimmte Frequenzen einen Tinnitus erzeugen kann. Die Patienten hören im Rahmen der Therapie ein Summen in einer bestimmten Frequenz. Dies wird mit Entspannungsübungen kombiniert. Erste Messungen 2015 mittels Magnetresonanztomographie zeigten, dass etwa 80% der Probanden den Tinnitus als nicht mehr quälend empfanden und 8% sogar vom Tinnitus befreit waren.
Tipps zur Tinnitus-Vorbeugung
Es ist sehr schwer, einen chronischen Tinnitus zu heilen und gleichzeitig hat dieser einen signifikanten Einfluss auf das tägliche Leben. Daher hat Prävention einen sehr hohen Nutzen!
Vermeidung von Lärmbelastung
Wer lange Schall über 70dB ausgesetzt ist, erhöht das Risiko eines Tinnitus. Professioneller Gehörschutz in einem lauten Arbeitsumfeld ist daher ein Muss. Wer ein Konzert oder eine Diskothek besucht, sollte ebenfalls einen Ohrenschutz tragen. Dies beugt nicht nur den Tinnitus vor, sondern vermindert auch das Risiko eines Hörverlusts.
Vermeidung von Stress
Ein Leben mit weniger Stress ist sicherlich unabhängig von der Tinnitus-Prävention. Ein sinnvolles individuelles Ziel lässt sich aber nicht allzu einfach umsetzen. Wichtig ist, dass man auf seinen Körper hört. Nach starken Belastungen kann temporär ein Pfeifen im Ohr auftauchen. Merkt man dies häufiger, sollte man gegensteuern! Vielleicht Urlaub nehmen, Übungen durchführen, Seminare besuchen, etc.
Hörgeräte
Wer einen Hörverlust hat, sollte ein Hörgerät tragen. Schlecht verstehen erzeugt Stress und sozialen Druck, es beansprucht das Gehirn überproportional und mindert die Lebensqualität. Das Gehirn kompensiert fehlende akustische Signale. Je schwieriger die Kompensation ist, umso höher ist das Risiko einer Fehlinterpretation und damit der Entstehung eines Tinnitus.
Frühe Diagnose und Reaktion auf Krankheiten
Wer schnell auf Erkrankungen wie eine Mittelohrentzündung reagiert, sich regelmäßig untersuchen lässt und Ohrenschmerzen nicht einfach ignoriert, vermeidet Schädigungen im Innenohr, die einen Tinnitus verursachen können. Ein temporärer Tinnitus wird bei einer Beseitigung der Ursachen meist nicht chronisch!
Wer einen Tinnitus hat, ist nicht alleine. Es gibt mehrere Organisationen, die sich der Unterstützung von Betroffenen widmen, wie z.B. die Deutsche Tinnitus-Liga e.V. Auch Selbsthilfe-Gruppen werden hier vermittelt. Achten Sie also auf Prävention und sobald Sie Anzeichen eines Tinnitus verspüren, werden Sie aktiv!