Die Hörkontaktlinse®: Verspricht sie endlich wirklich natürliches Hören?

Die Hörkontaktlinse®: Verspricht sie endlich wirklich natürliches Hören?

Eine neue Generation der Hörgerätetechnologie

Die uns bekannten Hörgerätebauweisen werden bald schon um eine neue erweitert werden. Und diese neue Bauform verspricht zum einen völlige Unsichtbarkeit und zum anderen einen deutlich natürlicheren Klang als bei den beiden etablierten. Die Rede ist von der Hörkontaktlinse®. Sie liegt direkt auf dem Trommelfell auf und versetzt es in Schwingungen. So können insbesondere die bei herkömmlichen Hörgeräten durch den Luftweg von Lautsprecher bis Trommelfell entstehenden Klangeinbußen vermieden werden.

Mit natürlichem Hören assoziiert man zum einen ein Richtungshören und selbstverständlich auch einen möglichst natürlichen Klang der Umgebung. Die extern aufgenommenen Geräusche durch HdO-Hörgeräte durchlaufen komplexe Algorithmen, damit die Richtung erfasst werden kann. Die im Gehörgang sitzenden IdO-Hörgeräte profitieren hier von ihrer Position, die die Schallaufnahme mithilfe der Ohrmuschel begünstigt, wodurch Richtungshören nicht mit hohem Aufwand simulieren muss. Hier muss bauweisebedingt jedoch oft auf Premiumtechnologie wie Akkus oder Bluetooth verzichtet werden.

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© Vibrosonic

Hörkontaktlinse® ermöglicht prinzipbedingt druckvollen Klang

Die neue Hörkontaktlinse® der deutschen Firma Vibrosonic sitzt im Ohr, Richtungshören geschieht also auf natürliche Art und Weise, sie wird mit Akkus betrieben, und zusätzlich soll sie so klingen, wie nie ein Hörgerät geklungen hat. Der von vielen Hörgerätenutzern als blechern beschriebene Klang soll durch die Position direkt auf dem Trommelfell plötzlich druckvoll und klar sein – fast wie beim gesunden Gehör; behauptet zumindest der Hersteller. Der Zugewinn an Tonfrequenzen ist zwar nicht essentiell, um Sprache besser zu verstehen, steigert jedoch den Hörkomfort enorm: Während tiefe Frequenzen vor allem bei Musik für den nötigen Druck sorgen, sind die hohen Frequenzen essentiell für den Stimmcharakter.

Das gesamte Hörgerät besteht aus der Hörkontaktlinse®, einem Gehörgangs-Modul, das – wie der Name sagt – unsichtbar im Gehörgang sitzt und einem – noch sichtbaren – Hinter-dem-Ohr-Modul. Letzteres kann flexibel abgenommen werden, während Hörkontaktlinse® und Gehörgangs-Modul im Ohr verbleiben. Diese muss ein geschulter HNO-Arzt einsetzen und herausnehmen, der ebenso für Diagnose über Therapie bis hin zur Kontrolle verantwortlich ist. Nach Einsetzen der Hörkontaktlinse® zeichnet sich ein Hörakustiker für die Anpassung an den Hörverlust verantwortlich.

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Durch die direkte Stimulation des Trommelfells ermöglicht die Hörkontaktlinse einen hörbaren Frequenzbereich, der beinahe an den eines gesunden Gehörs heranreicht.

© Vibrosonic

Besonders elegant gelöst: der Ladevorgang

Da zwei Drittel des Hörgeräts immer im Ohr bleiben, stellt sich die berechtigte Frage: Wie wird es mit Strom versorgt? Hier hat sich Vibrosonic eine besonders elegante Lösung einfallen lassen. Der Ladevorgang geschieht wireless: Der Nutzer setzt hierfür einen Kopfhörer auf, der die im Ohr befindlichen Teile mit Strom versorgt. Der Vorgang dauert eine Stunde, währenddessen kann Musik gehört oder telefoniert werden.

Earlens-Prinzip weitergedacht

Ganz neu ist die Idee hinter der Hörkontaktlinse® jedoch nicht. Bereits 2015 berichteten wir von der Earlens, die in ihrer heutigen, im US-Markt erhältlichen Form auf ähnliche Art und Weise funktioniert: Eine auf dem Trommelfell platzierte Linse gibt direkte, mechanische Impulse weiter. Ein Ohrstück schickt Signale an die Earlens weiter, die in einem hinter dem Ohr sitzendem Prozessor verarbeitet werden.

Im Unterschied zur Hörkontaktlinse® ist hier das Ohrstück fest mit dem hinter dem Ohr sitzenden Prozessor verbunden, beides wird also regelmäßig herausgenommen. Bei der Hörkontaktlinse muss nur das Hinter-dem-Ohr Modul abgelöst werden. Das bringt der Hörkontaktlinse einen entscheidenden Vorteil, der in Zukunft noch interessant werden dürfte. Der nächste Schritt ist nämlich, die Technik des HdO-Parts so weit zu miniaturisieren, dass sie mit in den Gehörgang passt. Damit würde die Vibrosonic alpha Hörkontaktlinse® einen unvergleichlich natürlichen Klang mit der Unsichtbarkeit eines CIC-Hörgeräts kombinieren.

Die bald erhältliche Hörkontaktlinse besteht aus drei Modulen. Der Klangprozessor muss aus Platzgründen bisher noch hinter das Ohr verlagert werden.
© Vibrosonic
Momentan arbeiten das Team um Vibrosonic daran, die Technik im Klangprozessor so zu miniaturisieren, dass sie mit in den Gehörgang passt.
© Vibrosonic
Die Earlens hingegen ist nicht darauf ausgelegt, zukünftig unsichtbar zu sein. Hier sind Ohrstück und Prozessor fest miteinander verbunden und herausnehmbar.
© Earlens

Vibrosonic alpha Zulassung noch dieses Jahr

Das alpha-Modell mit HdO-Modul soll im Herbst 2021 zugelassen werden; Flächendeckender Verkauf dürfte also für 2022 erwartbar sein. Im Gegensatz zum kalifornischen Earlens-Hörgerät, das 5.000 € und mehr pro Stück kostet, soll die Hörkontaktlinse® ungefähr im preislichen Rahmen von Premium-Hörgeräten liegen. Einen genauen Preis nennt der Hersteller selbst nicht; Basierend auf unserem Ratgeber über Hörgeräte-Preise dürfte er aber zwischen 1.600 € und 2.100 € pro Ohr liegen, die Krankenkassen-Leistungen bereits inbegriffen.


Weiterlesen:

Vibrosonic-Homepage

Unser Artikel von 2015: Earlens-Hörgerät

Earlens-Homepage


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