EUHA: Arbeiten mit Maskenpflicht - Interview

EUHA: Arbeiten mit Maskenpflicht - Interview

Arbeiten mit Maskenpflicht

Ein Interview mit Hörsystemträgerin Stephanie Hansen

Stephanie Hansen ist 41 Jahre alt, seit ihrem dritten Lebensjahr hat sie einen Hörverlust. Sie kommt aus dem Hunsrück, ist Verkäuferin und nutzt zwei Hörsysteme der neuen Generation. Seit der Maskenpflicht hat sich ihr Arbeitsalltag stark verändert. Im Gespräch mit der EUHA erklärt Stephanie Hansen, welche Herausforderungen im Beruf auf sie warten.

EUHA: Frau Hansen, seit Ende April haben wir eine Maskenpflicht beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr. Sie arbeiten als Verkäuferin in einem Bekleidungsgeschäft. Wie hat sich Ihr Alltag durch das Tragen von Masken verändert?

Stephanie Hansen (SH): Bei mir hat sich eine große Angst eingeschlichen, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Ich hatte schlaflose Nächte und mache mir große Sorgen, dass ich meinen Beruf nicht mehr richtig ausüben kann. Ich bin Lippenleserin und brauche das Mundbild, um mein Gegenüber zu verstehen, sonst wird es sehr schwierig. Gerade, wenn ich verschiedene Hosengrößen heraussuchen muss und die Zahlen nicht richtig verstehe, ist das problematisch. Wenn alle Leute Masken tragen, kann ich das Mundbild nicht sehen, und auch die Lautstärke ist deutlich gedämpft.

EUHA: Wie genau hat sich die Kommunikation verändert? Hören Sie die Kunden leiser? Und wie sieht es mit dem Sprachverstehen aus?

SH: Ich mache die Kunden darauf aufmerksam, dass ich schlecht höre, und bitte um Verständnis und Respekt. Das klappt größtenteils ganz gut. Bei mir ist es so, dass das Hören auch tagesformabhängig ist. Bei Anspannung höre ich auch schlechter.

Masken mit Sichtfenster erleichtern die Kommunikation für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen enorm.
© sewsimple.de

EUHA: Welche Alternativen gibt es? Haben Sie Masken mit Sichtfenster oder sogenannte „Face Shields“ ausprobiert?

SH: Masken mit Sichtfenster oder Face Shields habe ich im Alltag noch nie gesehen. Alle nutzen Masken, die das Mundbild verdecken. Das wird vermutlich noch eine lange Zeit anhalten. 

EUHA: Waren Sie bei Ihrem Hörakustiker und wenn ja, was hat er Ihnen geraten bzw. konnte er Ihnen helfen? 

SH: Zu meinem Hörakustiker kann ich jederzeit gehen. Das gibt mir viel Sicherheit. Ich kann meine Hörsysteme teilweise selbst über eine App einstellen. Wenn mein Gegenüber zum Beispiel einen Sprachfehler hat oder besonders tief spricht, dann stelle ich mir die Hörsysteme so ein, dass es für die jeweilige Situation passend ist. Der Hörakustiker kann mir spezielle Geräusche noch besser filtern. Das erleichtert das Sprachverstehen ungemein. Das sind so winzige Kleinigkeiten, die sehr viel ausmachen und meine Lebensqualität deutlich verbessern.

EUHA: Was wünschen Sie sich persönlich für den Umgang mit Menschen mit Hörverlust in Zeiten der Pandemie und Mundschutzpflicht?

SH: Unabhängig von der Pandemie und Corona wünsche ich mir mehr Verständnis für Menschen mit Hörverlust und ein besseres Sozialverhalten. Was mir jetzt ganz konkret helfen würde, wäre eine schriftliche Bescheinigung z. B. vom Arzt, dass ich die Kunden bitten darf, für einen kurzen Moment die Maske abzunehmen. Dann kann ich sie professionell bedienen, ohne dass ich eine Ordnungswidrigkeit begehe. Natürlich würde der Sicherheitsabstand dabei gewahrt.


Tags: