Hören mit smarten Textilien
Ein T-Shirt, das hören kann? Zugegebenermaßen, das hört sich eher wie ein Gadget aus einem Teil von Robert Zemeckis „Zurück in die Zukunft“ an, doch ist dies absolut keine Fiktion. Der Erfinder dieser neuen Textilien heißt nicht Dr. Emmett Brown, sondern Yoel Fink und ist Forscher am MIT (Massachusetts Institute of Technologie) in Boston. Er forscht an smarten Textilien, die unter anderem genau solche Features, wie „hören“ möglich machen sollen.
Kleidung soll nicht mehr nur warmhalten und gut aussehen. Seit längerem wird immer mehr an neuen Techniken und Gadgets geforscht. So gibt es bereits Jacken und Hemden, mit denen sich Vitalfunktionen messen lassen. Andere können sich mittels eingebauter Akkus aufwärmen und wie eine Heizung agieren.
Forscher des MIT tüfteln an Kleidung, die hören kann
Ein Textil der Forschergruppe um Fink setzt aber noch einen drauf. Es soll akustische Signale verarbeiten können. Als Vorbild dient dabei das menschliche Ohr. Dort, genauer in der Gehörschnecke im Innenohr, werden akustische Schallwellen in für das Gehirn wahrnehmbare elektrische Signale umgewandelt.
Dieses Prinzip ahmen die Forscher um Fink am MIT mit ihren neuartigen Textilien nach. Ausgangspunkt ist dabei eine spezielle piezoelektrische Faser. Diese erzeugt ein elektrisches Signal, sobald sie verformt wird, wie beispielsweise bei ankommenden Schallwellen. Diese Faser kann, so die Forscher, in einen Stoff eingewoben werden und anschließend ankommende Schallwellen in mechanische Schwingungen umwandeln. Die für den Menschen nicht wahrnehmbaren Schwingungen erzeugen im speziellen piezoelektrischen Stoff ein elektrisches Signal, welches dann beispielweise durch einen Lausprecher für den Menschen hörbar gemacht werden kann.
Wie das T-Shirt dem Hörgerät hören helfen kann
In Tests reagierten die speziellen Fasern auf eine große Bandbreite von akustischen Signalen. Wenn sie auf Vorder- und Rückseite eines Kleidungsstücks aufgenäht waren, konnten die Fasern sogar erkennen, aus welcher Richtung das Geräusch kommt. Bereits durchgeführte Tests konnten den Herzschlag des Probanden hörbar machen, was zeigt, wie sensibel die Fasern auf eintreffende Vibrationen reagieren.
Startschuss für eine neue Generation von Hörgeräte-Plattformen?
In den letzten Jahren haben die Hörgerätehersteller versucht, durch verschiedene Technologien Informationen für die Signalverarbeitung anzureichern, vor dem Hintergrund, akustische Signale noch genauer zu erfassen und die spätere Verstärkung dadurch spezifischer anzupassen.
So hat zum Beispiel der Hersteller Signia einen speziellen Motion Sensor entwickelt, der erkennt, ob sich der Hörgeräteträger bewegt. Mit dieser Information wird die Signalverarbeitung um weitere Details ergänzt, woraufhin das Hörgerät den Klang noch genauer auf die Hörsituation einstellen kann. Der Hersteller GN ReSound verwendet ein zusätzliches Mikrophon, das im Gehörgang sitzt. Dieses erweitert das Informationsspektrum der bisherigen in der Branche angewendeten Mikrophone für Hörgeräteträger, da wie bei IdO-Geräten, die natürliche Richtwirkung des Ohres genutzt werden kann.
Künftige Hörgeräte könnten auch die Informationen der speziellen Fasern in die Signalverarbeitung mit aufnehmen und so die in den Geräten verbauten Mikrophone ergänzen. All das mit dem Ziel, Hörgeräte noch leistungsfähiger zu gestalten – auch wenn sich das heute zugegebenermaßen noch sehr weit weg anhört.
„Smarte-Fasern“ werden künftig wohl immer wichtiger und vielversprechender
Prof. Yoel Fink beschäftigt sich darüber hinaus auch mit dem Potenzial wiederaufladbarer Fasern. Hierbei haben er und sein Forscherteam eine Lithium-Ionen-Batterie in Form einer sehr langen Faser entwickelt, die in Gewebe eingewebt werden kann. Diese Batterie könnte nicht nur die Entwicklung einer Vielzahl tragbarer elektronischer Geräte ermöglichen, sondern sogar zur Herstellung von 3D-gedruckten Batterien praktisch jeder Form verwendet werden.
Es bleibt spannend zu sehen, was die weitere Entwicklung von „Smarten-Textilien“ für uns bereithält.
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