Forschung: Vitaldaten direkt aus dem Ohr

Forschung: Vitaldaten direkt aus dem Ohr

In der 4. Ausgabe des Jahres 2022 hat sich das c´t Magazin mit der Zukunft von Wearables ihren Möglichkeiten auseinandergesetzt und spannende Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte ermöglicht. Man kann beispielsweise davon ausgehen, dass Hörgeräte in Zukunft, um verschiedene Funktionen, die wir bereits von Smartwatches kennen, erweitert werden. Insbesondere die Erfassung von Vitaldaten sind ein zu erwartendes Asset. Bisherige Tests haben bereits gezeigt, dass im Ohr vorgenommene Messungen äußerst genau sind.


Bereits im Jahr 2019 präsentierte der amerikanische Hörgerätehersteller Starkey, wohin die Reise gehen kann. Das damals vorgestellte Modell Livio AI hatte als erstes Hörgerät Funktionen wie einen Sturzdetektor oder auch verschiedene Funktionen zum Tracken von Lautstärke und Bewegung integriert. Ein Thrive Wellness Score zeigt dem Nutzer sogar an, wo noch Verbesserungspotenzial besteht. Auch der Hearable-Hersteller Bragi hatte mit seinem The Dash Pro bereits Funktionen zum Tracken des Alltags für einen gesünderen Lifestyle integriert. Die in der c´t 4/2022 vorgestellten Forschungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass in Zukunft wohl weit mehr Funktionen in Hearables verbaut werden können als heute.

Vitalfunktionen aus dem Ohr

Der Demonstrator aus dem MikroBO-Forschungsprojekt besteht aus einem Ohrpassstück mit aufblasbarem Ballonring und Drucksensor sowie einem bisher kabelgebundenen, zusätzlichen kleinen Gerät. Die Messdaten bekommt eine Smartphone-App per Bluetooth-Verbindung.

© Heise Medien

Quelle: c’t 2022, Heft 4

Dazu wird im Ohr der Ballonring aufgepumpt und ein Minisensor an die Gefäßwand im Gehörgang gedrückt. Der nur 4 Quadratmillimeter große Sensor misst die relative Blutdruckschwankungen und kann so Blutdruck und Puls bestimmen. Noch ist das Gerät per Kabel an ein zusätzliches Gerät zur Verwertung der Daten geknüpft. Es ist jedoch zu erwarten, dass mit fortschreitender Entwicklung das Gerät effizienter und kleiner wird. Aktuell übertrifft es die Größe eines HdO-Hörgerätes aber noch um ein Vielfaches, auch weil das Aufpumpen des Ballonringes, der für die Kalibrierung des Geräts und die Bestimmung des absoluten Blutdruckes notwendig ist, sehr energieaufwendig ist.  

Sauerstoffsättigung mittels Lichts im Gehörgang bestimmen

Auf eine andere physikalische Methode setzt das CiS-Forschungsinstitut aus Erfurt: das Photoplethysmographie-Verfahren (PPG). Hierbei wird mittels Lichts die Sauerstoffsättigung im Gehörgang bestimmt. Dabei setzen die Forscher auf einen Ohrsensor, der mit drei winzigen LEDs und einer Fotodiode versehen ist. Zwei dieser Dioden sind auf die Bestimmung der Blutsauerstoffsättigung ausgerichtet, die dritte auf die Messung des Herzschlages. Somit kann der Ohrsensor gleich zwei wichtige Vitalfunktionen bestimmen.

Der Wellness Score von Starkey gibt Aufschluss über die geistige und körperliche Fitness und regt zum Training an. /p>

Für dieses Verfahren der Bestimmung der Vitalfunktion im Ohr, hat sich das CiS-Forschungsinstitut bereits im Jahre 2020 ein europäisches Patent gesichert. Aber auch der Ohrsensor ist noch nicht alltagstauglich. Stromversorgung und Auswertungslogik des Moduls befinden sich noch in einem externen Gerät, das ungefähr die Größe von zwei Zigarettenschachteln aufweist, so das c´t-Magazin.

Klinische Tests bestätigen die beiden Systeme

Klinische Tests beider Systeme bescheinigten beiden Geräten eine ähnlich gute Genauigkeit bei der Bestimmung des Blutdruckes. Als Referenz wurde bei dem klinischen Test eine zusätzliche Messung des Blutdrucks mittels invasiver Blutdruckmessung, die als äußerst genau gilt, durchgeführt. Beide Techniken haben sich in den Augen der Mediziner bewährt. Das sensible, druckbasierte System MikroBO war dabei aber anfälliger für Störsignale durch Kopfbewegungen.

Messung der Vitalfunktionen künftig im Hörgerät integriert?

Spannend bleibt, wie sich die beiden vom c´t-Magazins vorgestellten Systeme in Zukunft weiterentwickeln und optimieren können. Denn beide Methoden sind aufgrund ihrer Größe noch nicht alltagstauglich und kompakt genug, dass die Techniken in Hörgeräten ihren Platz finden könnten.

Doch ist es genau die Verknüpfung der Wearables und Hearables – und Hörgeräte - die es möglich machen kann, künftig noch genauere Messergebnisse zu erreichen. So können Otoplastiken die Messungenauigkeiten minimieren und optimierte Technologien eventuell sogar in ein Hörgerät integriert werden. Sollte sich die Technik, insbesondere der Energieverbrauch verbessern, so steht einer Integration in den Alltag nichts mehr im Wege.




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