
Bestwerte für das Hörakustiker-Handwerk
Die der GKV vor kurzem veröffentlichte Studie, die die Versorgungzufriedenheit von Schwerhörigen untersuchte, brachte einige spannende Einblicke. „90% Zufriedenheit - Bestwerte für das Hörakustiker-Handwerk!“ titelte eine Biha-Pressemitteilung über die Ergebnisse der Studie. Die nun von der GKV veröffentlichen Ergebnisse der Studie allerdings sprechen eine ganz andere Sprache.
Vorher sei erwähnt: Bundesweit nahmen 3.457 erwachsene GKV-Versicherte an der Befragung teil. Beratungsqualität, Mehrkosten und natürlich die Zufriedenheit mit den Hörsystemen wurden abgefragt. 81 Prozent der befragten Versicherten gaben an, mit ihren Hörsystemen, unabhängig davon ob diese mit Mehrkosten in Verbindung standen oder nicht, sehr zufrieden bzw. zufrieden sind.
Gernot Kiefer (siehe Titelbild), Vorstand des GKV-Spitzenverbandes: „Der Zufriedenheitswert von über 80 Prozent unser befragten Versicherten zeigt uns, dass das Angebot für Beratung und Versorgung mit Hörhilfen für unsere Versicherten gut ist und mehrkostenfreie Geräte den Vergleich nicht scheuen müssen.“
In den Studienergebnissen selbst wird zusammengefasst: "86 % der Befragungsteilnehmer sind mit der Versorgung sehr zufrieden bzw. zufrieden." Warum im vorherigen Statement abgerundet wird, bleibt fraglich.
GKV kritisiert Mehrkosten bei Hörgeräteversorgung

Trotz Festbetragserhöhung im Juli 2013 hohe Nachfrage bei Hörgeräten mit Mehrkosten
(Ergebnisse laut GVK-Umfrage mit n=2.209, Mittelwert=1.169 Euro)
Mal wieder, müsste man ergänzen. Dabei investierten 70% der Versicherten im Durchschnitt 1.169 Euro für eine „in den meisten Fällen beidohrige Versorgung“, wie es in der Zusammenfassung heißt. Pro Ohr also im Schnitt 600 €. Gernot Kiefer weiter: „Wir fragen uns aber, warum zwei Drittel unserer Versicherten Mehrkosten für ihre Hörgeräte zahlen. Hier gilt es, genauer nach den Ursachen für Mehrkosten zu fragen.“
Wurden Versicherte über die Möglichkeit einer mehrkostenfreien Versorgung informiert, und das wurden 87 Prozent, reduzierten sich die Mehrkosten im Mittel um 127 Euro. Um weitere 243 Euro, wenn dies explizit zum Probetragen angeboten wurde (bei 69 Prozent der Befragten).
Holten sich Versicherte von mehreren Hörakustik-Fachgeschäften ein Angebot, sank die durchschnittliche Investition um 229 Euro. Sogar um 311 Euro am stärksten, wenn sie sich für einen überregionalen Filialisten entschieden. Ob es sich im Preisvergleich jeweils um dasselbe Hörsystem handelte geht aus der Umfrage nicht hervor.
Gezielte Beratung durch Krankenkassen
„Inakzeptabel ist, dass 22 Prozent der befragten GKV-Versicherten kein mehrkostenfreies Gerät angeboten wurde. Für uns heißt das: Ein Teil unserer Versicherten braucht eine gezieltere ergänzende Beratung durch die Kassen“ führt Kiefer fort. Erwähnt sei an dieser Stelle insbesondere aber auch, dass rund 90 % der Befragten über mehrkostenfreie Geräte informiert wurden. Aber sei es drum: Über die Vorzüge zuzahlungsfreier Hörsysteme wird also sicher wieder in den kommenden Mitgliederzeitschriften und Pressemeldungen der Kassen zu lesen sein.
Kritik auch in Sachen Zufriedenheit

Zufrieden mit der Entscheidung für Hörsysteme mit Mehrkosten.
(Ergebnisse laut GVK-Umfrage mit n=2.209, Mittelwert=1.169 Euro)
86 % der Befragungsteilnehmer sind mit der Versorgung und 81 % mit dem Hörgerät "sehr zufrieden" bzw. "zufrieden". Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch unsere Hörgeräte-Studie 2017/ 2018 mit Prof. Dr. Dr. Hoppe. Also insgesamt ein sehr positives Ergebnis für das Hörakustik-Handwerk.
Der GKV hängt sich allerdings auch daran auf, dass die Höhe der Mehrkosten weder mit der Zufriedenheit mit der Versorgung noch mit der Zufriedenheit mit dem Gerät korreliert. Soll heißen: Das Kassengerät macht genauso zufrieden wie eines im Zuzahlungsbereich. Auch diese Erkenntnis können wir auf Basis unserer Studie bestätigen.
In den Ergebnissen steht allerdings auch, dass 80 % der Versicherten angaben, dass ihre Entscheidung für ein Hörgerät mit Mehrkosten richtig war. Also waren die Mehrkosten dann doch nicht so ganz sinnlos.
Die Frage ist, woran man die Zufriedenheit festmacht. Am Hören? Oder doch daran, dass Zusatzfunktionen und Design eine Rolle bei der Beurteilung spielen.
Fakt ist, dass viele Kriterien bei der Zufriedenheitsbeurteilung eine Rolle spielen, zum Beispiel Domes, Geräte, Hörtraining ja/ nein, Akku-Lösungen. Handelt sich es doch um die subjektiv wahrgenommene Zufriedenheit von Kunden. Insofern ist sie im Sinne einer bedarfsgerechten Versorgung erstmal so hinzunehmen. Es spielen bei der subjektiven Zufriedenheitsbewertung auch psychologische und sozialwissenschaftliche Aspekte eine Rolle wie zum Beispiel die persönliche Erwartungshaltung. Und die ist bei einem Kassengerät durchaus geringer.
Warum nur?
Bild- und Zahlenmaterial: GKV