Einem internationalen Forscherverbund um Forschende der TU Ilmenau ist es gelungen, eine vollkommen neue Technologie von Mikrofonen zu entwickeln. Vorbild ist dabei das Ohr des Menschen und nicht, wie bisher, eine membranbasierte Mikrofontechnik. Die neue Technologie könnte schon bald in Hörgeräten ihren Platz finden und diese effizienter und leistungsstärker machen. Ein erster Prototyp befindet sich in der Entwicklung.
Herausforderung Geräuschfilter
Ein gesundes Ohr leistet Unglaubliches: Es nimmt pausenlos Geräusche wahr und filtert diese zudem bereits vor dem Gehirn. Ohne diesen Schritt wäre es oft überlastet und wir fühlten uns vor allem in lauten Geräuschkulissen schnell überfordert. Funktioniert das Gehör nicht mehr einwandfrei, wird in der Regel auf Hörgeräte zurückgegriffen. Sie übernehmen dann die Verstärkung und Filterung der Geräusche.
Aber auch modernste Hörgeräte kommen trotz aller Technologien und automatischen, situativen Anpassungsmöglichkeiten nicht selten an Ihre Grenzen. Je mehr Geräuschquellen da sind, desto mehr Rechenleistung benötigen Hörgeräte, um die Hörwahrnehmung in diesen anspruchsvollen Situationen zu verbessern. Und genau hier könnte NeuroSensEar künftig Abhilfe schaffen.
Besser hören für mehr Akzeptanz
NeuroSensEar ist eine neue Mikrofontechnologie, die von der Biologie, genauer dem menschlichen Ohr, inspiriert wurde. Mit NeuroSensEar sollen künftig noch effizientere Hörgeräte möglich sein. Primäres Ziel der Forschenden: eine Verbesserung der Hörgeräte mit gleichzeitiger Steigerung der Akzeptanz.
Was macht NeuroSensEar aus?
Die Technische Universität beschreibt die neue Technologie wie folgt: Das Herzstück der neuen Technologie sei ein intelligenter Sensor, der sich automatisch an die jeweilige Hörsituation und den individuellen Hörverlust anpasse. Ergänzt werde der Sensor durch eine KI-Steuerung, die in Echtzeit auf wechselnde akustische Szenarien reagiere und lebenslang neue Hörszenarien dazulerne. Durch das lebenslange Dazulernen des Sensors würden wichtige Signale stetig besser aufgenommen werden.
Der Sensor lernt also, wichtige Signale, wie Sprache, mit einer höheren Verstärkung wiederzugeben und Stör- bzw. Hintergrundgeräusche zu dämpfen. Somit wird ein besseres Hörverständnis ermöglicht, was zugleich auch die Leistungsfähigkeit der Hörgeräte verbessern soll. Denn: Durch den lernfähigen Sensor, werde weniger Rechenleistung benötigt, was zu einem geringeren Energieverbrauch führe und Hörgeräte effizienter und ausdauernder mache.
Vorbild des Mikrofons ist das menschliche Ohr
Die eigentliche Innovation ist die Technik, auf der der Sensor beruht. Das Mikrofon des Sensors ist dem menschlichen Ohr nachempfunden und besitzt sogenannte Biegebalken aus Silizium. Diese haben eine Größe von 30 Mikrometer bis maximal einem Millimeter. Durch ihre unterschiedliche Größe reagieren sie individuell auf die einzelnen Tonhöhen, so wie die Haarzellen in der Gehörschnecke des menschlichen Ohrs. Außerdem sind die einzelnen Balken elektronisch verstellbar, können also notfalls auch manuell angepasst werden. Sollte letzteres notwendig sein, lernt der Sensor und passt sich künftig automatisch in solch einer Situation an.
Die Zukunft der „künstlichen Ohren“
Die Forscher erhoffen sich für die Zukunft nicht nur, dass ihre neue Technologie in Hörgeräten Platz findet. Die Technik könnte auch in Sprachassistenten wie Alexa oder Siri integriert werden. Durch die neue silizium-basierte Technik des Mikrofones, könnten Sprachassistenten auch in lauten Geräuschkulissen die Stimmen Ihrer Besitzer besser herausfiltern und wahrnehmen. Nun steht aber erst einmal die Entwicklung von Prototypen an.
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