Hörgeräte leisten weit mehr als eine Wiederherstellung des Hörvermögens: Studien belegen mittlerweile, dass Hörgeräte dem kognitiven Verfall entgegenwirken können. Zudem können sie Krankheiten wie Depression verhindern, die mit Schwerhörigkeit und dem damit verbundenen Rückzugsverhalten einhergehen. Aber wie lange sollte man seine Hörgeräte am Tag überhaupt tragen, um von diesen positiven Effekten zu profitieren?
Expertenmeinung: das optimale Hörgeräte-Trageverhalten
Für viele Neuankömmlinge in der Welt der Hörgeräte kann es eine Herausforderung sein, sich an das kontinuierliche Tragen zu gewöhnen – vor allem, wenn ihnen die Gründe dafür nicht wirklich klar sind. Dr. Catherine Palmer ist Präsidentin der American Academy of Audiology und Professorin an der University of Pittsburgh. Sie empfiehlt, die Hörgeräte nach dem Aufstehen einzusetzen und erst zum Schlafengehen wieder herauszunehmen.
Wer das Hörgerät nämlich nur sporadisch trägt, zwingt sein Gehirn sich ständig umzugewöhnen – je nachdem, ob man die Welt gerade als Schwerhöriger oder durch das Hörgerät hört. Das Ohr sei ein Tor zum Gehirn und es mache keinen Sinn, es tagsüber geschlossen zu halten, sagt Dr. Palmer. Und so sei es um ein vielfaches schwerer, sich vollends an die Hörgeräte zu gewöhnen.
Die Auswirkungen von Hörverlust auf das Gehirn
Hörverlust kann nicht nur das Hören beeinträchtigen, sondern auch zu einer sogenannten auditiven Deprivation führen. Dies bedeutet, dass das Gehirn bestimmte Geräusche und Wörter vergisst. Dr. Palmer vergleicht diese Situation mit der Entwicklung eines Babys: Wenn das Gehör nicht ausreichend stimuliert wird, kann dies die Entwicklung des Gehörs und der Sprache behindern.
Die sporadische Nutzung kann zu einer ähnlichen Benachteiligung bei Erwachsenen führen: Wer seine Hörgeräte tagsüber herausnimmt, gewöhnt sich an den Klang der Schwerhörigkeit und muss sich entweder mehr anstrengen, um andere zu verstehen, oder vermeidet Kommunikation. Und dies wiederum führt dazu, dass das Gehirn immer weniger Reizen ausgesetzt wird, wodurch es schließlich zum kognitiven Abbau kommen kann.
Also: Wie lange muss man Hörgeräte tragen?
Das Trageverhalten in der Realität ist momentan noch weit entfernt vom Optimum. Laut der EuroTrak Studie von 2022 werden Hörgeräte im Schnitt nur 8,9 Stunden am Tag getragen – eigentlich zu wenig. Ideal wäre eine Tragedauer von 16 bis 18 Stunden. Diese Spanne ergibt sich, wenn man davon ausgeht, dass ein Mensch ab 60 Jahren durchschnittlich 6 bis 8 Stunden schläft.
Aber was tun, wenn die Gewöhnung an die Hörgeräte einfach nicht gelingt? Dann ist es ratsam, einen Termin beim Hörakustiker vereinbaren. Dieser kann zum Beispiel die Hörgeräte neu einstellen und den Verstärkungsgrad verringern, um ihn über den Zeitraum danach sukzessive zu erhöhen – so gelingt der Übergang zum neuen Hören!
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